USA mit Kindern: If you’re going to San Francisco …

San Francisco


Wir sitzen im Flugzeug nach San Francisco, endlich. Aber wenn die ganze Reise so wird wie die letzten paar Stunden, bin ich danach gleich wieder urlaubsreif. Die Kinder sind unausgeschlafen und aufgeregt, wir Eltern sind unausgeschlafen und gestresst. Haben wir immer noch alle acht Gepäckstücke beisammen, und wo rennt Anton jetzt schon wieder herum? Noch 14 Stunden bis San Francisco. Wir wollen ankommen – die Kinder wollen Spaß haben. Mal sehen, wie das zusammengeht.

Für Anton ist der Flughafen ein überdimensional großer Indoorspielplatz mit Kommunikationsplattform: die Absperrungen sind Klettergerüste und Schaukelbänder, die Säulen sind zum Verstecken da, die Schalter mit den Gepäckbändern sind, na ja, man könnte sich draufsetzen und dann … Aber da gibt es ja noch das nette Flughafenpersonal, alle geben bereitwillig Auskunft, zum Beispiel wohin die Kofferberge jetzt gerade verschwinden. Anton kennt die Damen am Schalter inzwischen alle mit Namen.

Hund vergessen – Krise am Flughafen

Jonna hat unterdessen ganz andere Probleme: Kuschelhund Wuffi erleidet ein Schicksal, das man keinem Haustier wirklich wünscht. Er liegt vergessen im Hausflur. Dabei hat er gerade eine neue (echte!) Hundeleine bekommen. Der MUSS mit. Zwischen hysterischen Schluchzern überlegt sich Jonna blitzschnell Lösungsmöglichkeiten: Papa soll mit dem Taxi schnell Hause fahren und Wuffi holen. Papa sagt nein. Kann Papa nicht den Nachbarn anrufen? Der hat uns doch schon mal den vergessenen Führerschein nachgeschickt. Der Nachbar ist nicht da. Das Schluchzen wird zum Geschrei. Nein, das sind nicht unsere Kinder. Wie um Himmels Willen werde ich diesen Flug überleben, warum sind wir nicht – wie in den letzten Jahren – einfach nach Dänemark gefahren?

Kinderfilm für alle

Und dann sitzen wir im Flugzeug und plötzlich kehrt Ruhe ein. Wir haben einen elektronischen Babysitter, der uns elf Stunden lang begleitet. Man schaltet ihn ein und unsere Kinder sind nicht mehr ansprechbar. „Alice im Wunderland“ (freigegeben ab 12 Jahren) findet die volle Zustimmung von Anton. „Cool, wie Alice dem Drachen den Kopf abschneidet, Mama!“

Zum Schlafen und Essen im Flugzeug haben beide Kinder nur wenig Zeit. All unsere Erziehungsideale von wohldosiertem Fernsehen für Kindergarten- und Vorschulkinder lösen sich in Wohlgefallen auf. Ich resigniere und entscheide mich ebenfalls für den „Kinderfilm“, das Filmangebot für Erwachsene gefällt mir nicht. Außerdem soll man ja mit seinen Kindern über das Gesehene reden, dann können sie es besser verarbeiten. Anton redet die kommenden vier Wochen fortlaufend von Alice – mit Begeisterung. Ich bin mir sicher, dass unsere waldorfpädagogikgeprägten Freunde in Amerika unsere Erziehungsmaßnahmen anzweifeln. Da stehen wir drüber.

Angekommen

Als wir dann abends in San Francisco landen und noch ewig lange für die Zollkontrollen brauchen, haben die Kinder die Nase voll vom Verreisen. Uns Erwachsenen geht es nicht anders. Aber mit der Aussicht auf ein frisch bezogenes Bett in einem wundervollen Haus mit Meeresblick bei ganz lieben Freunden schaffen wir auch diese Hürde.

Und dann – dann werden die nächsten drei Wochen für alle ein unvergesslicher und wunderbarer Urlaub. Absolutes Highlight: Familienausflug nach Süden. Grobes Ziel: Monterey, Seeaquarium – weltberühmt. Natürlich mit dem Auto. In Amerika fährt es sich gemütlich, aber die Strecken sind weit und das dauert eben. Nein, Anton, wir haben keinen Kassettenrekorder. Nein, es dauert nicht mehr lange. Nein, wir kaufen kein Eis – oder habt ihr hier irgendwo eine Eisdiele gesehen? Und dann die Rettung: Mittagspause bei Wendy’s, mit Burgern und Kid’s Menu. Und tollen Plastikgeschenken, ich liebe es. Die Kinder strahlen. In solchen Momenten stelle ich mir unweigerlich die Frage: Warum sind wir nicht zu Hause geblieben. Da könnte man auch zu McDonalds gehen und ein Aquarium gibt’s doch in fast jedem Zoo.

Ausflug nach Monterey, Seeaquarium

Aber dann staunen wir doch alle sehr: Was hier so herumschwimmt, ist für die Kinder wie ein lebendig gewordenes Kinderbuch: Haie, Rochen, Seegurken, Quallen, ein schüchterner Oktopus und jede Menge Kleingetier wie Korallen, Schnecken und Seeanemonen direkt hinter der Scheibe. Das alles ist viel besser als Fernsehen und das Spektakulärste, was wir bisher an Zoos und ähnlichem gesehen haben.

„Mama, da ist Nemo! Und Dori!“ (Was machen die denn jetzt hier?). Und dann noch die „Splash Zones“ – kindgerechte Stationen zum Anfassen, Ausprobieren, Spielen, Planschen… – toll! Die Pinguinfütterung nutzt Anton dann, um sich zum ersten Mal aus dem Staub zu machen. Er verschwindet einfach so. Wir finden ihn in einer der Spielecken. Wale malen. Wir werden unseren Entdecker nicht das letzte Mal aus den Augen verloren haben.

Kingsizebett für die ganze Familie

Glücklich und müde kehren wir zurück ins Motel. Bei Motels habe ich immer ein etwas ungutes Gefühl, und schau vorsichtshalber mal in Dusche. Alles gut! Bin ich froh dass „Psycho“ nicht im Flugzeugkinoangebot war. Fürs erste begegnen wir hier aber dem letzten Rest der Monarchie in der amerikanischen Kultur. Mitten im Zimmer steht ein „Kingsize“-Bett: Klar, hier schläft der König. Die Königin darf auch mit rein. Und der Prinz und die Prinzessin wollen auch nicht auf dem Sofa schlafen. Die Nacht ist … Aber das ist hier ja kein Bettentest.

Nach drei erlebnisreichen Wochen San Francisco geht’s zurück. Warum haben wir jetzt eigentlich noch mehr Gepäck als auf dem Hinflug? Und warum hat niemand bisher erkannt, dass man sich mit Kinderbetreuung am Flughafen eine goldene Nase verdienen könnte? Und wieder dieser entspannte Flug, Alice im Wunderland ist gar nicht mehr so spannend, Jonna guckt jetzt eine Dokumentation über Delfine. Wer sagt’s denn. Vielleicht müssen wir das zu Hause auch so machen, wir zeigen Ihnen so lange super spannende Filme, bis sie davon total gelangweilt sind und sich freiwillig das Bildungsprogramm aussuchen. Was sagen die Medienpädago:innen dazu?

Zuhause fragen wir Jonna, was das Schönste im Urlaub war. Antwort: „Die Seegurken im Aquarium!“ Und Wuffi? „Welcher Wuffi?“

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