Familienferien, autofrei: Unterwegs mit Bahn und Fahrrad

Schweißgebadet lassen wir uns auf die Sitze fallen. Der Zug ruckelt, die Fahrräder wackeln, endlich geht es los. Ein Blick in die Runde: Alle sind da, die Fahrradtaschen stehen ordnungsgemäß zwischen den Sitzen, die Fahrräder hängen in den Halterungen. Damit ist die erste Hürde geschafft. Unser Abenteuer Zug-und-Fahrrad-Zelturlaub an die niederländische Küste kann starten.

Mindestens zwei Tage lang haben wir einsortiert, umsortiert, aussortiert und wieder neu gepackt. Am Ende passt alles irgendwie auf unsere vier Fahrräder: Kleidung für zwei Wochen inklusive Regenausrüstung für alle, Schlafsäcke, Isomatten und das Familienzelt. Sogar vier Klappstühle haben wir dabei und natürlich ausreichend Proviant. Ach ja: Die Ferienbücher, auf die keiner verzichten wollte … Wäre es nach dem besten Ehemann ever gegangen, hätten wir auch noch einen Mini-Klapptisch aufs Fahrrad geschnallt. Der passt nun aber wirklich nirgendwo hin.

Fahrrad im Zug – da geht noch was …

Das Umsteigen in Oldenburg ist vergleichsweise entspannt. Es sind wenig Leute unterwegs, es gibt Platz genug im Zug, spätestens jetzt kommt Urlaubsstimmung auf. Die nächste Herausforderung erwartet uns dann am sehr vollen Bahnhof Amsterdam Centraal. Erste Aufgabe: Für den Gleiswechsel müssen wir eine Etage tiefer (großer Fahrstuhl vorhanden), dort die Fahrkarte scannen, dann alle Fahrräder durch die Absperrung schieben. Passt nicht. Ok, wir nehmen den Rollstuhldurchgang. Check. Jetzt aber schnell zum nächsten Gleis. Ah, wieder hoch. Die gute Nachricht: es gibt auch hier einen Fahrstuhl. Die schlechte: hier passt definitiv kein Fahrrad rein. Höchstens ein halbes.

etzt wird es spannend: Schimpfend tragen wir unser Gepäck einzeln zum Bahnsteig, anschließend die Räder. Und sind komplett durchgeschwitzt. Der Zug steht auch schon bereit, allerdings – nächstes Problem – passen hier keine vier Fahrräder in ein Abteil. Überhaupt gibt es gar kein Fahrradabteil. Tochter und Mann rennen mit den Rädern drei Waggons weiter und so sind wir schließlich alle in diesem unserem letzten Zug für heute. Auch der ist überfüllt, außerdem ist es sehr heiß. Die gute Nachricht: Bis zu unserem Zielbahnhof Overveen passieren keine weiteren Katastrophen.

Alles wieder eingepackt – auf nach Texel

Der nette Schaffner besteht nicht darauf, dass wir unser Gepäck vom Rad nehmen und nach circa 30 Minuten haben wir unseren Zielbahnhof erreicht. Puh. Jetzt aber rauf aufs Fahrrad und auf ans Meer zum Campingplatz. Bloß keine Hektik, erstmal Kaffee trinken und Eis essen. Dann bauen wir das Zelt auf. Unsere Zeltnachbarn – eine rheinländische Großfamilie mit Eventzelt (!) – staunt, wie wir das alles per Drahtesel transportiert haben. Wir staunen auch, als wir sehen, was wir alles aus den Fahrradtaschen zaubern. Fünf Minuten später kommt unser Nachbar mit einem Klapptisch. Zelten ohne Tisch, das ginge ja wohl gar nicht.

Hitze, Hügel und Hollandrad

Von nun an ist alles sehr entspannt. Wir genießen es, mit dem Fahrrad die Umgebung zu erkunden, sind froh, dass wir nicht – wie sonst immer – in ein überheiztes, nicht klimatisiertes Auto steigen müssen und erfreuen uns jeden Morgen und jeden Abend an dem Leihtisch.

Glücklich mit Leihtisch

Nach einer Woche Strandurlaub mit vielen Touren in die Umgebung, Amsterdam und Haarlem-Besuch geht es weiter. Auf Texel sind wir mit einer befreundeten Familie verabredet, die Strecke wollen wir in zwei Tagen fahren mit einer Übernachtung in Bergen. Was wir tatsächlich unterschätzt haben, sind Hitze, Hügel und Hollandrad. Unsere Große ist sehr am Fluchen – ihre Gazelle ist vollkommen ungeeignet für die Kurverei durch die Dünenlandschaft. Drei Gänge reichen bei weitem nicht aus für das ewige Rauf und Runter mit Gepäck. Und es ist eben dieser Jahrhundertsommer mit täglich über 30 Grad im Schatten … Auch unser Jüngster ist am Schnaufen. Als wir endlich auf der Fähre nach Texel angekommen sind, beschließt er, von nun an keinen Meter mehr Fahrrad zu fahren. Sanft, sehr sanft und pädagogisch wertvoll erklären wir ihm, dass der nächste Campingplatz leider noch circa acht Kilometer weit entfernt ist und wir da ja irgendwie hinkommen müssen. Das klappt irgendwie mit sehr vielen Pausen, Atemübungen und kleinen Bestechungsangeboten – ich gehe mal nicht weiter ins Detail.

Unsere Woche auf der Insel ist hingegen sehr entspannt, wir sind auf einem sehr hübschen Campingplatz mitten in den Dünen, die Nordsee in Sichtweite. Und das ist gut so, denn es ist unglaublich heiß und wir verbringen viel Zeit im und am Wasser und erkunden die Insel erst am Nachmittag.

You are travelling with …

Apropos Hitze: Auf dem Rückweg von Amsterdam nach Hamburg sitzen wir mit viel zu viel Leuten in einem völlig überhitzten Zug. Gehört das so? Ein schwitzender Zugschaffner informiert uns: Die Klimaanlage sei leider ausgefallen.Sorry for travelling with Deutsche Bahn. Zuhause schreiben wir einen bösen Brief und bekommen prompt einen Bahn-Gutschein. Für die nächste Reise. Ich schlage vor, mit Fahrrad und Zug nach … Aber irgendwie hört mir keiner zu.

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