Mädelswandern in der Serra Tramuntana

Wandertour durchs Tramuntanagebirge

Pläne und Ideen

Eigentlich wollten meine Freundin und ich gar nicht wandern. Wir wollten nach Frankreich, Filme im Original gucken, durch kleine Örtchen schlendern, Natur genießen. Schließlich haben wir beide eine Zeitlang in Frankreich gelebt und fühlen uns dort noch immer ein bisschen zuhause.

Aber dann kommt alles ganz anders: Wir haben beide Lust, zu wandern. Vielleicht sogar in Frankreich. Allerdings ist die Anreise in den Süden sehr zeitaufwändig. Dann kommt mir das Tramuntanagebirge auf Mallorca in den Sinn, sehr gute Freunde von mir schwärmen sehr von der Umgebung und ich will da unbedingt mal hin. Und K. findet die Idee auch schön. Ein wenig kauen wir noch auf der Entscheidung herum: Vieles (alles?) spricht dagegen, zu fliegen. Eigentlich wollten wir doch möglichst nachhaltig reisen … Wir entscheiden uns dennoch dafür und buchen kurzentschlossen einen Flug: Die letzten zehn Tage im Oktober sind wir dann mal weg. Yippieh!

Dann geht die Planung los: Wir wollen den GR221 wandern, den so genannten Trockenmauerweg durch das westliche Tramuntanagebirge Richtung Norden, mindestens bis zum Kloster Lluc, eventuell auch nach Pollenca. Müssen wir die Unterkünfte vorher buchen? K. sagt nein, dann sind wir so auf bestimmte Strecken festgelegt. Und wenn wir nichts finden mitten in den Bergen? Auch nicht gut. An einem Café-Nachmittag gucken wir uns grob eine Strecke aus und buchen sehr spontan ein paar Unterkünfte: Airbnbs in Palma für die erste und letzte Nacht, eine Berghütte, ein Kloster, eine Jugendherberge, Hotels mit und ohne Stern … es ist so ziemlich alles ist dabei. Und immer wägen wir ab: Ist die Strecke machbar, wie lang können wir laufen? Ich verlasse mich ich auf K., die schon einige Streckenwanderungen gemacht hat.

Testwanderung an der Wümme

Testwandern an der Wümme
Testwandern an der Wümme

Vorsichtshalber mache ich ein paar Wochen vorher eine Testwanderung, schließlich habe ich keine Ahnung, wieviel Kilometer man so an einem Tag schafft und wie es sich in den Stiefeln so läuft. Ich wandere mit meinem Liebsten in Rotenburg los, eine Nordpfade-Tour. Allerdings wandeln wir die aus Versehen etwas ab und laufen knapp 20 Kilometer. Die letzte Stunde ist der Horror, mir tun die Beine weh, ich bin sooo müde und will keinen Meter mehr laufen. Können wir bitte sofort und auf der Stelle ein Taxi rufen? Wir schleppen uns noch bis zum Bahnhof und sind beide stolz und ich um einiges schlauer. Meine Wanderschuhe passen super und in den Bergen wandern und mit viel Gepäck wird anstrengend, das ist klar. Wie anstrengend? Keine Ahnung. Aber 20 Kilometer auf und ab werden wir definitiv nicht schaffen. Eher so die Hälfte, vermute ich. K. sieht das ähnlich.

Ich packe in meinen Wanderrucksack …

Was muss man mitnehmen auf so eine Streckenwanderung? Wir brauchen dünne Packsäcke für den Rucksack, dann lässt sich alles leichter unterbringen und auch wiederfinden, schmutzige Wäsche zum Beispiel oder Waschsachen. Und dann brauchen wir natürlich Pflaster, viele Pflaster. Warme Sachen, aber bloß keine Baumwolle. Klamotten aus Wolle (iiih, kratzt), oder besser Merinowolle (uuuh, teuer). Oder halt so Outdoorzeugs (aus Plastik?). Also kaufe ich eine schnell trocknende Wanderhose, Zip off, nicht wirklich zum Wohlfühlen für mich, die immer nur in Jeans rumrennt. Und ein Merinoshirt im Ausverkauf, immer noch teuer, nicht schick, aber praktisch und ein Algen-Shirt, schick, mittelteuer und praktisch hoffentlich).

Ach ja und Flipflops nehmen wir mit, für den Abend. Sonst keine Schuhe? Besser nicht, wird sonst zu schwer, sagt meine Reiseplanerin! Oha. Meine Wanderstiefel sind fast 30 Jahre alt, was, wenn die nicht durchhalten? Ducktape empfehlen die Profis. Wenn sich die Sohle ablöst, provisorisch kleben und dann neue kaufen. In den Bergen? Na gut, ich lasse es drauf ankommen. Und ein dünnes Kleidchen für den Abend. Und Regensachen? Ein Blick in die Wetter-App: Huch, das ist ja total heiß auf der Insel! Im Oktober! Und es ist überhaupt kein Regen angesagt, also lasse ich zumindest die Regenhose zuhause. Ach ja und einen Hüttenschlafsack. So ein dünnes Baumwollding für die Hütte und die Jugendherberge.

Und dann probiere ich Rucksäcke auf. Der freundliche Verkäufer legt mal eben ein paar Gewichte rein. Nö. Ich möchte doch lieber keinen Wanderurlaub machen. Wahnsinn, mit so viel Gepäck zu wandern. Wer ist eigentlich auf diese Idee gekommen? Muss ich überhaupt einen neuen Rucksack kaufen? Ich hab doch noch einen tollen, der ist zwar alt, sieht aber gut aus. Leider, leider ist er zwei bis drei Zentimeter zu hoch für das Handgepäck, also kaufe ich kurzentschlossen einen günstigen neuen. Empfehlung meiner Wanderfreundin, die hat den gleichen. Es kann losgehen!

Tag 1: Abflug nach Palma

Wir fliegen spät am Abend, am Abreisetag habe ich genug Zeit, meinen Rucksack zu packen. Also packe ich ein. Und packe wieder aus. Und wieder ein. Zwischendurch wiege ich mein Reisegepäck. Am Ende sind es über sieben Kilo. Das hört sich wenig an, aber wir müssen ja auch noch Wasserflaschen und Proviant mit uns rumschleppen. Irgendwas muss noch raus. Keine Ahnung, was das sein könnte. 

Gut gepackter Rucksack
Sieht gar nicht so groß aus, der gepackte Wanderrucksack!

Abends bringt mein Liebster mich zum Flughafen. Ich fühle mich unwohl in meiner Plastik-Wanderhose. Aber praktisch soll sie sein, trocknet schnell und ist leicht. K. hingegen sieht irgendwie zünftig aus mit Weste und Outdoorklamotten. Fühlt sich aber auch unwohl, sagt sie.

Ich bin nicht gut vorbereitet auf den Sicherheitscheck, bin schon ewig nicht mehr geflogen. So muss ich erst einmal den Rucksack durchwühlen, bevor ich ganz unten meine Zippertüte mit Shampoo etc. finde. Hektisch. Am Ende sitzen wir ganz entspannt in der Abflughalle und ich kaufe noch schnell eine Wasserflasche für irre viel Geld. K. hat einfach eine leere Flasche in den Rucksack gesteckt und füllt sie im Waschraum auf. Sie ist einfach Profi.

Ich hasse fliegen, besonders der Start verursacht bei mir leichte Panikattacken. Da wir die ganze Zeit am quatschen sind, vergeht der Flug allerdings wie im Flug (haha!). Nachts um 1 Uhr landen wir in Palma und es ist warm. Richtig warm und drückend. Im Flughafenbus treffe ich doch tatsächlich einen Schulkameraden von meinem Sohn mit seiner Familie. Die Welt ist klein.

Am Flughafen holt uns unser Airbnb-Vermieter ab und bringt uns zu unserer Unterkunft – sehr praktisch. Chia spricht ein lustiges Englisch und findet es cool, dass wir mit allem Gepäck wandern. Das Airbnb ist eine funktional eingerichtete Wohnung mit mehreren Zimmern, heute haben wir die Wohnung für uns allein, die nächsten Gäste kommen erst morgen. Wir fallen müde ins Bett und schlafen unruhig und wenig. Morgens kochen wir uns einen Tee, das Angebot in der Küche ist eher traurig, der Tee schmeckt ein bisschen nach Abwaschwasser. Egal, wir duschen und machen uns auf den Weg. Mit kurzen Hosen – zip-off!

Tag 2: Von Palma nach Port Andratx mit dem Bus, von Andratx nach San Elm

Wandern durch Palma

Als wir unsere Unterkunft verlassen, werden wir interessiert gemustert von den Menschen im Treppenhaus und vor dem Gebäude. Wir entsprechen wohl nicht den typischen Touristinnen mitten in Palma. Je weiter wir ins Zentrum laufen, desto netter wird die Umgebung – wir finden ohne Probleme ein Café und testen mal unsere Spanischkenntnisse. Con algo hay que empezar (Überbleibsel meines Schulspanischkurses: Mit irgendwas muss man anfangen). Wir bestellen einen Café con leche und eine Art Sandwich und endlich, endlich stellt sich so richtig Urlaubsstimmung ein. Wir laufen weiter Richtung Zentrum, Ziel Decathlon, Wanderstöcke kaufen. Die nicht ins Handgepäck durften. Auf dem Weg dorthin laufen wir über die Plaça Mayor, durch enge Altstadtgassen. Schön! Im Decathlon dann: Ein leere Wanderstock-Regal, es gibt nur noch teure Modelle. 20 € statt 8 €. Okay, dann nehmen wir nur ein Paar und wechseln uns ab. Und dann ab in die Berge! Yeah! Dafür gilt es, einen Bus zu finden, der uns direkt nach Port Andratx bringt, zu unserem Startort. Die Wartezeit überbrücken wir mit einem weiteren Café con leche. Das Leben kann so schön sein!

Weihnachtsschmuck in Palma
Süße Köstlichkeiten
Scharfe Köstlichkeiten

Startpunkt Port Andratx

Port Andratx, ein Hafenort mit vielen Yachten, lassen wir sozusagen links liegen. Wir haben keine Zeit, es ist bereits mittags und wir wollen endlich loswandern. Also steuern wir zunächst einen Supermarkt an und kaufen sinnvolle Lebensmittel: Salzcracker, Bananen, Äpfel und ein merkwürdig aussehendes Feigenbrot. Ist bestimmt sättigend, irgendwann werden wir es brauchen. Und natürlich Wasser. Ob zwei anderthalb-Liter-Plastikflaschen reichen werden? Das hoffen wir mal. Ogott, all das muss auch noch in den schon vollen Rucksack. 

Schnell noch ein Selfie und dann geht es aber wirklich los. Wir laufen durch ein Wohngebiet und dann direkt hoch in die Berge. Nach nur wenigen Metern sind wir ratlos, die App schickt uns hin und her – kein Weg scheint richtig zu sein. Glauben wir der App, dann laufen immer direkt neben dem Wanderweg. Irgendwann ist uns das egal, die Richtung stimmt und wir sind immerhin auf einem Weg. Es geht ganz schön bergauf, ich komme sofort ins Schwitzen. Es ist Hochsommer! Und der Rucksack ist schwer! Aber ist es wunderschön, wir sind einfach in der Natur und kraxeln den Berg in Serpentinen hoch. Es gibt wenig Schilder, gut dass wir die App haben. Die Steineichen spenden uns Schatten, wunderbar, denn es ist richtig heiß. 

Blick auf die Dracheninsel „La Dragonera“
Immer an den Felsen entlang
1. Etappe geschafft: Blick aus unserem Hotelzimmer

Oben angekommen genießen wir den Blick auf die Dracheninsel „La Dragonera“. Überhaupt: Diese Farben, das wunderbare Meer und der Duft … Der Abstieg allerdings ist anstrengend, ich bin ganz schön erschöpft und sehr froh, dass unser Hotel am Anfang der Bucht liegt. Dafür müssen wir allerdings auch noch unzählige Stufen Richtung Meer laufen. Meine Füße schmerzen, ich will nur raus aus den Wanderstiefeln. Unser Hotel „Aquamarin“ liegt direkt am Strand, wir checken ein, dann rein in die Badeanzüge und ab ins Meer – wow, es ist wunderschön und auch am Abend immer noch sehr warm. Jetzt schnell duschen, Kleidchen an und auf zum (megaleckeren) Büffet. Wir sitzen noch lange auf der Terrasse und fühlen uns richtig gut! Unser Hotel hat einen Balkon mit Meeresblick, wunderbar. Wir lassen die ganze Nacht die Balkontür auf und genießen die Luft (schlafen allerdings schlecht – die Wellen sind einfach zu laut!).

Tag 3: Von San Elm nach Ses Fontanelles

Am nächsten Morgen wache ich auf, K. ist schon mal baden gegangen, kurz darauf kommt sie vom Meer zurück. Ich will unbedingt auch noch schwimmen, wer weiß, ob und wann wir nochmal am Meer sind. Das Frühstücksbüffet ist auch so ein Kracher, wir essen uns satt, schmieren ein paar Brote und stecken noch ein bisschen Obst ein – Proviant für die nächste, deutlich längere Tour. Es ist warm und sonnig und wir laufen durch den hübschen Ort, die Promenade am türkisblauen Meer entlang. Immerhin gab es einen Trinkwasserbehälter im Hotel unsere Flaschen sind gut gefüllt. Wir wissen jetzt schon, dass es in der nächsten Unterkunft (Finca Ses Fontanelles, eine Wanderherberge) kein Frühstück (dafür aber ein Abendessen) geben wird. Also müssen wir gut planen und kaufen noch ein bisschen was ein. Und los geht es, auch diese Tour startet mit einem Anstieg. Hier wachsen unglaublich viele Palmen, es ist felsig und wird immer karger, je höher wir sind. Oben angekommen machen wir eine lange Pause und genießen den Ausblick.

Alpine Erfahrungen … Die machen wir gerade 🙂
Immer dieser wunderbare Blick aufs Meer
Mit vielen Pausen lässt sich auch diese Tour bewältigen

Das letzte Stück auf der Tour ist anstrengend, die App schickt uns an der Straße entlang und zieht sich ewig hin. Ich will endlich ankommen, die Schuhe ausziehen.

Schließlich entdecken wir die Finca, hier haben wir zwei Betten in einem Mehrbettzimmer gebucht. Der Inhaber begrüßt uns, K. macht einen Scherz, er verzieht keine Miene. Ein Deutscher übrigens, zumindest spricht er deutsch und erklärt uns die Regeln: Immer schön die Tore zu machen, damit die Ziegen nicht ins Haus kommen, nicht lange duschen (seit November hat es nicht mehr geregnet) und Wein bestellen (warum wollt ihr keine ganze Flasche? Ist doch günstiger als zwei Gläser). Wir haben noch fast zwei Stunden bis zum Essen, duschen genüßlich (und kurz), noch sind wir hier allein, später kommt eine deutsche Wandertruppe mit Wanderführerin. Als die ankommen sind wir bereits geduscht, haben unsere Betten belegt und kurz mal ein paar Sachen ausgewaschen. Wir kaufen uns noch was zu trinken und setzen uns auf die Terrasse vor der Finca mitten in den Bergen – wunderbar!

Vor der Finca Ses Fontanelles

Das Essen ist sehr lecker, die Wanderführerin quatscht noch ein wenig mit dem Finca-Besitzer und wir hören mit. So stellt sich heraus, dass er ein bekannter Musikproduzent ist, der seine Musik hier in der Finca produziert. „Mit welchen Instrumenten denn?“ fragt eine aus der Gruppe. Synthesizer natürlich. Aha, so in etwa kann ich mir die Musik vorstellen. Und dann dieser Typ, das passt irgendwie nicht zusammen. Später werden wir ihn mal googeln, hier allerdings sind wir netztechnisch von der Außenwelt abgeschnitten.

Nach dem Essen fallen wir todmüde in unsere Etagenbetten. Ein Mitschläfer fängt sofort an, laut zu schnarchen, eine Frau versucht Zeitung zu lesen und leuchtet mir mit ihrer Taschenlampe direkt in die Augen. Ich bin hellwach, an schlafen ist nicht zu denken. Ich stopfe mir die Ohrstöpsel in die Ohren und höre die Schnarcherei noch genauso laut. Okay, dann Kopfhörer, die Lesung ist so langweilig, dass ich sogar ein bisschen müde werde. Kopfhörer raus, ich bin schon wieder wach, 1000 Gedanken schwirren durch den Kopf und sooo viele Bilder vom letzten Tag. Jetzt attackiert mich eine sehr laute Mücke. Ich rutsche in meinen dünnen Baumwollbezug (den ich auf dieser Reise übrigens nur dieses eine Mal brauche) und quäle mich irgendwann in den Schlaf. Um halb 7 ist der erste Wanderer wach und macht das Licht an. Okay, die Nacht ist zuende. Die Gruppe will früh loslaufen, deren Strecke ist doppelt so lang wie unsere. Wir hingegen packen gemütlich unsere Sachen. Was haben wir es gut.

Tag 4: Von Ses Fontanelles nach Estellencs

Wir klettern den Berg hoch und sind sofort mitten in der wilden Serra de Tramuntana, das Gelände ist felsig, halbwilde Ziegen laufen über das Gelände und fühlen sich sichtlich wohl. Echte Wege gibt es hier nicht, ohne App wären wir hier komplett aufgeschmissen. Es hilft nichts, es geht hoch und höher. Irgendwann erreichen wir ein Plateau und brauchen dringend eine Pause. Albern sitzen wir auf den Felsen und knabbern an unseren Crackern, denken, wir haben das schlimmste hinter uns. Tja und dann der Abstieg. Mal wieder fehlt die Beschilderung und es geht sehr lange und sehr steil bergab. Teilweise rutschen wir langsam auf dem Hintern den Berg runter, abenteuerlich und wir sind sehr froh, als wir unten angekommen sind. Allerdings müssen wir noch einige Kilometer laufen bevor wir unser Ziel erreichen.

Wahnsinnstour, …
und Wahnsinnsblicke!

Hier müssen wir wohl runter, aber wie?

Aber dann die Belohnung: Unser Hotel befindet sich mitten im Ort und ist wunderhübsch. Der Knaller: Auf dem Bett liegen silberne Kissen! Und es gibt sogar einen kleinen Balkon, auf den wir unsere frisch gewaschene Wäsche hängen können.

Es folgt das übliche Ritual: Duschen, Klamotten waschen, rein in Sommerkleid und Flipflops und ab in den Ort. Leider hat das Restaurant, da wir bei unser Ankunft entdeckt haben nichts mehr zu essen. Die Küche ist leider schon geschlossen, erklärt die Bedienung. Um 19 Uhr 30! Wir schauen entsetzt und sehr hungrig (hatten ja kein Frühstück!), ich glaube der Kellner hat Erbarmen mit uns und kratzt die letzten Tapas zusammen und schon sind wir sehr zufrieden. Zum Nachtisch gibt es ein Riesenstück Aprikosentorte und wir sind noch glücklicher.

Blick aus dem Hotelzimmer

Wir schaffen es gerade noch ins Hotel, fallen müde in unser Luxusbett und rufen mal eben unsere Männer an. Die müssen auch mal von unserem Glück erfahren! So hübsch hier und der Blick auf dem Fenster! Und das Wetter! Und die Gerüche – alles einfach wunderbar. Unser Standardspruch dieses Urlaubs: Was geht es uns gut. Wirklich. Inzwischen schlafe ich viel besser – mit Ohrstöpseln, denn direkt vor unserem offenen Fenster läuten die Kirchenglocken. Jede Viertelstunde.

Morgens müssen wir uns dringend um unsere Füße kümmern. K. leidet sehr unter ihren Blasen, ihr Zeh sieht leicht entzündet aus – nicht die besten Voraussetzungen, um weiter zu wandern. Sie schickt ihrem Mann ein Foto von den Füßen und der sagt „Reise abbrechen“ – ein Arzt halt. Das ignorieren wir mal. Mir hingegen tun permanent die Schultern weh, ich glaube, ich habe nicht die optimale Physiognomie, um einen Rucksack zu tragen, aber da muss ich jetzt wohl durch.

Tag 5: Von Estellencs über Banyalbufar nach Esporles

Luxusfrühstück im Luxushotel!

Das Frühstück in diesem Hotel ist der Wahnsinn: Frisch gepresste Säfte sowieso und dann Tortilla, hausgemachte Orangenmarmelade, Avocadobrote – wunderbar! Wir starten um halb 11 gut gesättigt Dieses Mal planen wir eine Tour mit Mittagspause in Bayalbufar, darauf freuen wir uns, wir müssen weniger Proviant mitnehmen und die Tour wird bestimmt entspannter. Die Wanderung dorthin ist unproblematisch, als wir im Ort ankommen sind wir dennoch ganz schön erledigt und laufen noch eine zeitlang in der Mittagshitze herum, bis wir uns für ein Café an der Straße entscheiden. Wir bestellen Sobresada ohne zu wissen, was das ist. Typisch mallorquinisch, sagt der Inhaber, sehr leckere Paste auf geröstetem Brot. Später googeln wir und stellen fest: rohe Streichwurst aus Schweinefleisch und Speck. Tja, eigentlich sind wir ja Vegetarierinnen. Nach einer langen Pause geht es weiter, bergauf natürlich, es ist heiß, zu heiß.

Hier wachsen Erdbeeren an Bäumen!

Highlight auf dieser Wanderung: Wir entdecken einen Erdbeerbaum. Kurz zuvor hatten wir davon gelesen, die Früchte sind essbar, schmecken zwar fruchtig, aber gar nicht wie Erdbeeren. Wir machen viele Fotos, irgendwie gehen wir davon aus, dass dieser Baum eine Seltenheit ist … Nach und nach sehen wir immer mehr von diesen Bäumen, wir laufen durch eine Art Erdbeerbaumallee mitten in den Bergen. Toll! Und angenehm schattig.

Abends erreichen wir den Ort und finden auch gleich die Jugendherberge, in der wir die heutige Nacht verbringen werden. Wir schlafen in einem Mehrbettzimmer, gemischt, wie es scheint, zumindest stehen Jungsschuhe neben einem Bett. Ein deutsches Mädel kommt kurz ins Zimmer und berichtet von ihrer Reise -– sie wollte gern mal allein auf Reisen sein, aber sie lerne andauernd Leute kennen, sagt es und verschwindet zu ihrem nächsten Date. Die Gemeinschaftsduschen sehen ganz gut aus, gar nicht so, wie wir es aus deutschen Jugendherbergen kennen. Nur der Pool im Garten ist ein Witz – ein kleines Wasserbecken – schade, auf den hatten wir uns gefreut. Also duschen und Restaurant suchen.

Die Herbergsmutter (sagt man das noch so?) empfiehlt uns ein Restaurant, wir setzen uns zu drei jungen Frauen aus Leipzig und kommen gleich ins Gespräch. Sie starten hier ihre Wanderung, haben einen dicken Reiseführer im Gepäck und wollen mit Karte wandern (oha). Wir halten ihnen einen kurzen Vortrag über die schlecht ausgeschilderten Wege und die Vorteile unserer App. Keine Ahnung, ob sie sich die runterladen.

Tag 6: Von Esporles nach Valdemossa

Die Nacht im Hostel Sa Fita verläuft erstaunlich ruhig dank meiner Ohrstöpsel. Ich wache früh auf, es ist noch dunkel, flüsternd verständige ich mich mit K., psst, sagt sie, nicht die anderen wecken. Und dann klingelt laut ein Handywecker neben dem Nachbarbett, der Typ zieht sich die Decke über den Kopf und ignoriert das Geklingel komplett.

Frühstück in Esporles

Alle anderen schlafen weiter, K. und ich machen uns leise fertig und verlassen die Herberge. Erstes Ziel am Morgen: die Apotheke. Wir brauchen dringend Pflasternachschub. Eigentlich könnten wir mal früh los wandern, aber die Apo macht erst um neun Uhr auf, also erstmal frühstücken und einkaufen und dann Pflaster kaufen.

Wir laufen durch schattige Steineichenwälder, vorbei an Orangen- und Zitronenbäumen, die voller Früchte hängen. Inzwischen sind die Wege deutlich besser ausgezeichnet, viele Steinmännchen weisen den Weg und manchmal gibt es sogar hübsche Holzschilder. Hier wachsen viele Erdbeerbäumchen, ab und zu nasche ich eine Frucht. K. ist misstrauisch, ob die wohl verträglich sind … Immer wieder gibt der Weg den Blick frei aufs Meer. Spannend auch: Die Steinhäuser, an denen wir vorbeilaufen sind Arbeitsplätze von Köhlern und Hirten, aber das lese ich erst später nach. 

Und dann kam der lange Abstieg nach Valdemossa, anstrengend, denn man muss wirklich genau auf jeden Schritt achten, obwohl die Aussichten ja wunderbar sind, der Blick aufs Meer und ins Gebirge. Und ganz plötzlich sind wir mitten im Ort, stehen vor dem Chopin-Denkmal und blicken auf den blau-grünen Kirchturm, angestrahlt von der Nachmittagssonne.

Büste von Chopin und Blick auf die wunderschöne Kirche in Valdemossa

Touristen tummeln sich im Ort und wir fühlen uns etwas deplatziert mit unseren Wanderstöcken, verschwitzt und erschöpft. Noch können wir nicht ins Hotel, also setzen wir uns mitten auf dem Hauptplatz in ein edles Restaurant und bestellen den kleinsten Kaffee (Cortado) für sehr viel Geld. Wir sind sehr stolz, das war eine anstrengende Tour und wir müssen jetzt sofort und auf der Stelle unsere Wanderstiefel ausziehen.

Das Marton Hotel liegt total zentral mitten in der Altstadt von Valdemossa, natürlich ist auch hier die Kirche in Blick- und Hörweite ;-). Wir freuen uns wie immer auf die Dusche und dann erforschen wir den Ort, die kleinen hübschen Gässchen, Sandsteingemäuer mit grünen Fensterläden. Wir laufen mit unseren Flipflops herum und gehen sogar in einen Laden, fast hätten wir ein T-Shirt gekauft. Nein, das lassen wir mal, zu viel Gewicht und wir sind ja nicht zum shoppen hier ;-). Tatsächlich ist es ein ganz besonderes Gefühl, nach einer langen Wanderung durch einen Ort zu schlendern – ganz anders als in den Urlauben mit einem festen Standort, einer Ferienwohnung oder einem Zeltplatz. Wir wollen gar nicht die üblichen Touristenattraktionen anschauen, sondern einfach durch die Straßen laufen und den Tag nachwirken lassen. Die Blicke, den Duft der Macchia, das Meer …

Bei unserem Bummel entdecken wir eine sehr nette Tapas-Bar namens S’Estret, etwas abgelegen, ein echter Geheimtipp. Wir schauen uns an und seufzen unseren Standardsatz: Was geht es uns gut …! Am Abend dann noch ein schneller Einkauf für die morgige Tour, dann fallen wir glücklich und erschöpft in unser Bett. Ach ja, es ist wieder eine neue Blase hinzu gekommen. Egal, morgen gibt es neue Pflaster.

Tag 7: Von Valdemossa nach Soller

Wir starten früh, die Tour nach Deia wird lang. In der Morgendämmerung ist der Ort besonders hübsch, unverbraucht und wenig touristisch. In einer Croissantería kaufen wir uns leckere Boquadillos/Baguettes und finden ein Café mit Innenhof. Unter einem Orangenbäumchen planen wir die nächste Tour.

Valdemossa am Morgen: Frühstück aus der Croissantería …
… und Zitronenbäume im Café

Um 9 Uhr starten wir den langen Aufstieg: Bis auf 920 Meter geht es hoch. Gleich zu Beginn kommen wir an eine Informationshütte und sind kurz verwirrt, denn dort steht, dass der Weg gesperrt sei. Ein Nationalparkmitarbeiter zeigt uns die alternative Route nach Deia. Wir erfahren, dass wir uns wohl hätten registrieren können, um zum Aussichtspunkt Mirador de ses Puntes zu kommen – wir sind nicht traurig, denn auch so gibt es wunderbare Blicke ins Tal, wir müssen keine Umwege laufen. Mittags kommen wir oben an – der Ausblick ist eine wunderbare Belohnung für die steinigen Weg, wir sind total geflasht von dem Panorama und fotografieren in alle Richtungen oder genießen einfach die Blicke auf das dunkelblaue Meer, das sich mit dem Himmel zu vereinen scheint.

Auch diese Strecke ist nicht gut ausgeschildert, aber mit unserer App klappt das ganz gut. Ganz oben auf der Hochebene stehen aber auch eine Menge Warnschilder, die uns und andere daran hindern, die Abbruchkante herunterzuklettern. Wir machen erstmal eine Pause im Schatten der Steineichen und prompt erklärt uns ein älteres Pärchen, dass wir hier auf keinen Fall runterlaufen sollten, sie hätten das vor Jahren mal versucht und das war wohl sehr abenteuerlich (gefährlich?!). Auch hier klettern ein paar Ziegen ganz entspannt um uns herum.  

Blick Richtung Deià
Gewaltige Felsenwand

Und dann geht es steil nach unten, schön schattig durch den Wald und wieder langsam die Felsen hinunter. Der letzte Teil der Wanderung führt durch eine Schlucht entlang eines trockenen Flussbettes, hier ist alles urwaldmäßig zugewachsen, wir bahnen uns den Weg durch hohe Gräser.

Wanderung durchs Flussbett

Es reicht uns langsam, die Füße schmerzen, die Schultern leiden. Kurz rutscht K. aus, rappelt sich aber wieder hoch. Wie gut, dass wir nicht noch durch den ganzen Ort laufen müssen, sondern ganz in der Nähe der Bushaltestelle rauskommen. Aber ist das die richtige Richtung? So ganz sicher sind wir nicht. K. möchte jetzt noch unbedingt ein Café finden, aber ich will mich nur irgendwo hinsetzen und meine Füße abschrauben. Kurz darauf treffen wir ein Paar wieder, das zeitgleich mit uns losgewandert ist: „Na, seid ihr auch aus dem Wald gepurzelt“, begrüßen sie uns. Sie übernachten im Refugio in Deià, wir wollen mit dem Bus nach Port de Sóller. Dort haben wir ein Hotel gebucht und überlegen eine weitere Nacht zu bleiben und uns eine Auszeit am Meer zu gönnen. Das mit dem Café klappt nicht, wir schleppen uns zwar ein Stückchen in den Ort hinein, aber geben dann erschöpft auf und warten an der Bushaltestelle. Wir haben beide keine große Lust Bus zu fahren, auch wenn der Ausblick wunderbar ist und unsere Füße sehr dankbar sind. In Port de Sóller möchten wir am liebsten gleich wieder umkehren – zu viele Leute, wie die Lemminge strömen sie aus den Bussen.

„Lemminge“ auf dem Weg in die Bucht von Sóller

Und die weitläufige Bucht ist zugebaut und sehr touristisch. Hier war ich vor 30 Jahren mal mit einem Freund, schon damals fanden wir es nicht sehr heimelig. Ich hätte es also wissen müssen. Und dann laufen und laufen wir bis ans Ende der Bucht zu unserem Hotel. Einen Stern hat es und der gehört ausschließlich der netten Frau am Empfang. Das Zimmer ist winzig, der Blick geht zwar in die Bucht, aber man schaut zunächst mal auf die Terrasse darunter: Liegestühle auf Kunstrasen. Und ein Typ der mich grimmig anschaut. Er macht dort seine Fitnessübungen. Welch ein trauriger Anblick. Und dann die Dusche. „Don´ t look up“ warne ich K. nach einem Blick an die Decke. Schimmel, igitt. Hier müssen wir schnell wieder weg, das steht fest. Aber erstmal fragen wir die nette Empfangsfrau nach einem Restaurant. Sie kapiert schnell, dass wir was nettes Kleines suchen und keine Hotelbar. Sobald man die Promenade verlässt, wird es trist. Wir laufen vorbei an Baulücken, düsteren Parkplätzen und einfachen Appartements, ein bisschen unheimlich ist es hier im Dunkeln. Aber das Restaurant ist nett, wir essen leckeren Fisch im Campo Sol und planen unsere Flucht in die Berge. 

Die Nacht ist unruhig, im Nachbarzimmer oder auf dem Flur streiten sich Franzosen und irgendwo ganz in der Nähe ist Party mit lauter Musik. Und um 6 Uhr sind wir schon wieder wach. K. hat Schmerzen, ihr entzündetes Nagelbett macht Probleme, sie will aber unbedingt weiterwandern.

Tag 8: Von Port de Sóller nach Fornalutx

Wir wollen nach Fornalutx – angeblich eines der schönsten Dörfer Mallorcas – und finden spontan noch ein Zimmer in einem kleinen Hotel. Aber zunächst laufen wir wieder die ganze Sóller-Bucht entlang und brauchen dringend einen Kaffee, es ist noch früh, der Morgen dämmert. Wir stoppen in einem nett aussehenden Café, an der Promenade namens Bikes & Bakes.

Port de Sóller: Morgens früh ist die Welt hier noch in Ordnung.

Der Inhaber ist allerdings weniger sympatisch, irgendwie passt es ihm nicht, dass wir hier morgens auflaufen, schade, wir hätten hier auch gern noch unseren Proviant gekauft, denn zu dem Café gehört auch ein kleines Lädchen. Also schnell wieder weiter.Wir laufen aus dem Ort raus Richtung Buskreisel und nach unserem Supermarkteinkauf entdecken ein weiteres Café, weniger touristisch mit einheimischen Gästen. Wir müssen unbedingt noch ein Tomatenbrot essen – das ist hier so eine Art Grundnahrungsmittel und heißt Pa amb oli: Das Brot wird geröstet und mit Knoblauch, Tomaten und Olivenöl bestrichen, wirklich lecker! Dazu noch ein frisch gepresseter O-Saft und ein Cortado und unsere Welt ist wieder in Ordnung.

Mallorquinisches Frühstück: Frisch gepresster O-Saft, Pa amb oli und Cortado.

Die Strecke selbst ist circa 9 Kilometer lang, fast ein Spaziergang für uns, schließlich sind wir alpine Strecken gewöhnt, haha. Wir wandern entlang der Olivenhaine, hier ist wirklich alles voller Steinmauern. Wir sind ganz fasziniert von den alten knorrigen Olivenbäumen. Je höher wir kommen, desto weitläufiger ist der Blick auf die Bucht, die wir gerade verlassen haben. Wir sind sehr froh, wieder in den Bergen zu sein, genießen den Geruch nach getrockneten Oliven, für mich riecht es immer ein bisschen nach Bratensauce. 

Wir kommen oberhalb des Zentrums von Fornalutx raus und laufen ziemlich direkt auf unser Hotel zu. Jetzt wird es richtig luxuriös: Wir werden sehr nett mit einem Glas Wasser begrüßt und plaudern nett mit der Hotelfrau. Wir sind in einem kleinen 4-Sterne-Hotel gelandet und kommen uns etwas fehl am Platz vor mit unseren staubigen Wanderstiefeln, den Rucksäcken und den Wanderstöcken. In Windeseile verwandeln wir unser Designerzimmer in ein Chaos, überall liegt Zeugs aus unseren Rucksäcken. Wir duschen, schnappen uns die weißen Hotelbademäntel und springen in den Pool. Wow. Wir sind in einem kleinen Paradies gelandet, dekadent bestellen wir uns einen Cappuccino an den Pool und entspannen auf den Liegestühlen mit Blick auf die geschmackvolle Anlage, auf Orangen- und Zitronenbäume, auf die Berge. Das ist purer Luxus und einfach wunderbar, vor allem nach dem Schimmelhotel! Den Abend verbringen wir in einer Tapasbar und erzählen uns Geschichten aus unserer Jugend. Man kann es nicht oft genug sagen: „Was haben wir es gut!“

Tag 9: Von Fornalutx zum Mirador de ses Barques, mit dem Bus zum Kloster Lluc

Der Morgen beginnt entspannt. Der Plan für heute: Den Vormittag im Hotel und im Örtchen verbringen und dann mit dem Mittagsbus nach Escorca und vor dort aus per pedes zum Kloster Lluc. Vorher schwimmen wir nochmal im Pool, machen eine Runde Yoga und frühstücken ausgiebig.

Fornalutx: Schönstes Dorf Mallorcas

Dann allerdings laufen wir a. zur falschen Bushaltestelle und b. stellen wir fest, dass der Bus einen riesigen Umweg fahren wird, nämlich über Port de Soller zum Stausee. Das dauert uns zu lange und wir beschließen eine kürzere Wanderung zum Mirador de ses Barques zu machen und von dort aus direkt mit dem Bus ins Kloster zu fahren, wo wir vorab ein Zimmer für eine Nacht gebucht haben. Das ist auch gut so, denn Ks Zeh schmerzt und braucht dringend Schonprogramm. Die drei Kilometer zum Mirador laufen wir in anderthalb Stunden, zu früh für den Bus, also ab ins Café. Von hier aus haben wir einen wunderbaren Blick in die Berge und in die Soller-Bucht. Und natürlich brauchen wir einen Cortado und einen O-Saft. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass wir die meiste Zeit in Cafés verbringen … Stimmt natürlich nicht 🙂

Die Bustour ist nichts für seekranke Menschen, der Bus schraubt sich die Serpentinen hoch, höher und höher. Immer wieder kommen Mietwagen von vorne, die nicht kapieren, dass Bus zu hoch ist, um rechts an den Rand zu fahren. Also rückwärts bitteschön, liebe Mitwagenfahrer:innen. Die Busfahrerin ist geduldig, K. möchte raus. Zu viele Kurven, zu viel Gewackel. Aber der Blick lohnt sich: Wir schauen auf die beiden Bergseen, einsam liegen sie im Tal, im Hintergrund die Bergsilhouetten. Das macht schon was her, auch durch die Busfenster. K. hingegen ist melancholisch: „Dort könnten wir jetzt laufen“ und „Ich möchte noch höher in die Berge und nicht wieder ins Tal“, jammert sie. 

Und dann erreichen wir das Kloster Lluc oder auch „Santuari de Santa Maria de Lluc“, ein Wallfahrtsort mitten im Tramuntanageburte. Eine imposante Anlage, bestehend aus mehreren Gebäuden, eines davon ist ein Musikinternat. Wir laufen über den weitläufigen Klosterhof zur Anmeldung und dann wieder durch lange Gänge zu unserem Zweibettzimmer, klein und karg. Klösterlich halt. Das WLAN heißt hier CasaEspiritualidad, hihi. Aber zurück zu den Gebäuden: Zuhause lese ich, dass an dem Bau der Klosterkirche der spanische Architekt Antonio Gaudí beteiligt war. Tja, ich habe sie nur von außen gesehen, bin besonders fasziniert von den Sonnenuhren und lausche den verschiedenen Melodien, die aus den Fenstern des Internats tönen und einen schrägen Klangteppich bilden. Am liebsten würde ich auch noch den Botanischen Garten erforschen, aber der ist leider schon geschlossen.

Die wunderhübsche Klosterkirche
Klosterwein, aber nicht für uns
Der Klostergang

Dann die obligatorische Dusche. Ob das Wasser wohl heilsam ist? Und unsere Blasen am nächsten Tag verschwunden sind? Alles nur eine Frage des Glaubens. Wir machen uns erstmal auf den Weg ins Klosterrestaurant. Den Klosterwein, der auf dem Tisch steht, dürfen wir nur ganz oder gar nicht trinken. Schade, die Flasche sieht hübsch aus und dann heißt er auch noch Lucus. Aber gläschenweise geht leider nicht und er gehört auch nicht zu unserer Halbpension. Dann eben Wasser statt Wein. Das mit der Essensbestellung klappt auch nicht so gut: mir wird eine Art Schweinebraten serviert, den ich nicht bestellt habe. Also zurück das ganze. Als mein Fischgericht kommt ist K. mit dem Essen fertig. Wir teilen uns noch einen Nachtisch, dann noch ein kurzer Gang übers Gelände und ab in die Klosterkammer.

Tag 10: Vom Kloster Lluc nach Caimari

Wir wachen früh auf, es ist noch dunkel und erstaunlich kühl. Schweigend packen wir unsere Sachen, kleben neue Pflaster und machen uns auf zum Klosterbüffet. Ein bisschen Tristesse liegt in der Luft, die Reise neigt sich dem Ende entgegen. Highlight des Morgens: ein kleiner Spatz fliegt fröhlich durch den Frühstücksraum. Ansonsten: Mäßiges Büffet, schlechter Kaffee. Sind wir luxusverwöhnt? Vermutlich einfach nur ein bisschen morgenmuffelig.

Wir kaufen Wasser und machen uns auf den Weg nach Caimari, dort haben wir ebenfalls ganz spontan ein Hotelzimmer gebucht. Die Strecke ist kurz: 9 Kilometer, mit wenig Höhenunterschieden, immerhin laufen wir 450 Meter bergab. Vor dem Abstieg machen wir noch eine Pause an einem Ausblick, blicken wehmütig auf die Bergsilhouetten und können uns nicht sattsehen. Das alles muss dringend gespeichert werden. Von nun an verlassen wir Schritt für Schritt das Tramuntanagebirge.

Selva: Letzte Blicke vor dem Abstieg

Am frühen Nachmittag erreichen wir Caimari, in dem kleinen Örtchen ist absolut nichts los. Das Hotel Petit Caimari stellt uns mal wieder vor scheinbar unlösbare Probleme: Wie kommen wir hier rein? Der Google Maps-Link, der uns den Weg zu dem Türcode führen soll, lässt sich nicht anklicken. Auch nicht kopieren und öffnen. Da kommt ein adrett aussehende englisches Paar herbeigeschlendert, ebenfalls mit Gepäck und auch diese beiden tippen wild auf ihrem Handy herum und stehen unschlüssig vor dem Hotel. Und ignorieren uns mehr oder weniger. Klar, wir passen ja so gar nicht in die Kategorie Romantikhotel im mallorquinischen Landhausstil. Eher so: Berghütte, rustikal. Dann geht ihnen wohl ein Licht auf (uns nicht) und sie marschieren zielorientiert um die Ecke und geben uns ein kaum sichtbares Zeichen. Wir folgen ihnen brav und siehe da, der Türcodekasten ist gefunden, wir kommen rein, aber der Schlüssel liegt nicht in dem Holzkästchen wie vereinbart. Unser schniekes Paar hingegen fühlt sich schon wie zuhause. Während wir noch auf Schlüsselsuche sind, besetzt er schon mal die beiden einzigen Liegestühle am Minipool. Ich fasse es nicht. 

Mandeln
Bougainvilleas
Granatäpfel

Nach einem Telefonat mit der Hotelfrau finden wir unseren Schlüssel und erkunden unser Zimmer im Souterrain, Blick auf die Füße der englischen Schickis. Egal: jetzt duschen (es riecht ein wenig muffig im Bad, sonst alles ganz hübsch) und dann ab in den Pool. Mit zwei Zügen sind wir durch, K. schwimmt munter Runde für Runde, dann machen wir es uns in der Sitzecke gemütlich. Die Engländer lesen und schreiben. Wir verlassen das junge Glück und erkunden den Ort, aha, es gibt ein Café und zwar komplett touristenfrei. Wunderbar. Und langsam  wird es lebendiger in dem kleinen Örtchen. Nach einer Flipflop-Erkundungstour durch den Ort (wir laufen sogar noch ein Stückchen in die Olivenhaine), suchen wir uns ein schlichtes Restaurant. Und siehe da: Unsere britischen Liegestuhlbesetzer sitzen auch schon vor der Menükarte. Vorsichtig schleichen wir uns vorbei in den Innenhof des Restaurants und essen gummiartige Calamaris und verbranntes Gemüse vom Spieß. Naja, aber es geht uns trotzdem gut. 

Tag 11: Von Caimari nach Inca zu Fuß und mit dem Bus nach Palma

So, jetzt wird es wirklich ernst. Wir haben noch eine kurze Wanderung nach Inca vor uns und dann geht es auf nach Palma. Aber erstmal wartet mal wieder ein wunderbares Frühstück auf uns. Mit frisch gepressten Säften, Pfannkuchen mit frischem Obst, Gemüsetortilla – göttlich! Die Engländer tauchen erst auf, als wir fast fertig sind. Adiós amigos!

Letzte Wanderroute: nach Inca

Wir sind in Wanderstimmung und freuen uns auf die letzte Runde, die eigentlich mehr ein Spaziergang ist. Wir laufen an Höfen vorbei, links und rechts Oliven- und Mandelbäume, am Wegesrand blühen kleine weiße Blümchen mit roten Blättern (gleich mal die App gezückt, aha, das sind wohl tatsächlich Bougainvilleas!). Den letzten Kilometer müssen wir leider an einer Straße entlanglaufen. Und siehe da: K. entdeckt eine Geldbörse auf dem Boden, dick gefüllt mit Kreditkarten, Ausweisen, Bargeld. Wow. Was nun? Wir googeln den Namen und finden aber leider keine Telefonnummer. Es hilft nichts, wir müssen zur Polizei, zur Guardia civil in Inca. Dort wollten wir eigentlich einen leckeren Kaffee trinken und dann den Bus nach Palma suchen.

Aber okay, wir laufen und laufen, es ist heiß und staubig und irgendwie sind wir jetzt durch, wollen ankommen. Und werden total albern, denken uns Geschichten aus über mit Absicht ausgelegte Geldbörsen, gleich werden wir überfallen … Oder: Der Besitzer wird sagen, da fehlt ja ganz viel Bargeld, also ab in den mallorquinischen Knast. Oder: Natürlich wird Arnau uns entsprechend belohnen, er wird uns auf seine Finca einladen, wir dürfen so lange bleiben, wie wir wollen. Und dann bringt er uns mit der Yacht nach Hause. Wir kichern und schwitzen und laufen und endlich, endlich sehen wir die Polizeiwache, streng bewacht und eingezäunt, mit Gegensprechanlage. K. darf ihre Papiere zeigen, ansonsten geben wir nur das Portemonnaie ab und dürfen gehen. Hmm. Das war jetzt nicht so spektakulär. Ein kühles Getränk wäre doch mindestens angemessen, oder? 

Wir wollen hier jetzt weg, sind auch nicht gerade in der schönsten Ecke von Inca gelandet und suchen die Weg zur Bushaltestelle. Wir haben Hunger, aber keine Lust in einen Supermarkt zu gehen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt das Notbrot herauszuholen: Das Feigenbrot vom ersten Tag ist zu Feigenmatsch geworden und schmeckt köstlich. Und der Bus kommt auch pünktlich, allerdings hält er auf der anderen Straßenseite. Vierspurige Straße. Wir rennen und wedeln mit den Armen und schaffen es. Auf geht´s nach Palma. Schluss mit Wandern, keine Yacht, keine Finca.

Der Bus hält unterirdisch im zentralen Busbahnhof. Da unser Airbnb am anderen Ende der Stadt ist, lagern wir unsere Rucksäcke im Schließfach und laufen verbringen den Nachmittag und Abend entspannt in der Altstadt. So der Plan. Das mit dem Schließfach klappt nicht so ohne weiteres, weil wir die Anweisungen an dem Bildschirm nicht verstehen (fremde Sprache), aber machen eigentlich alles richtig und bezahlen auch, aber der Pincode für das Schließfach wird nicht angezeigt. Und nun? Irgendwann kommt ein freundlicher Mensch von der Schließfachgesellschaft und erklärt uns ohne mit der Wimper zu zucken, dass es eine Sprachauswahl gäbe. Und dass wir katalanisch ausgewählt hätten. Dann öffnet er mit magischen Händen das Schließfach. Wir sind zu geschwächt, um zu lachen. Lach- und Schließfachgesellschaft. Bloß raus hier. Vor Schreck vergessen wir, unsere Wanderstiegel gegen Flipflops zu tauschen und laufen also weiterhin mit den warmen Stiefeln herum.

Ohne Rucksack durch Palma

In Palma ist die Hölle los, es ist Samstag Nachmittag und wir sind sofort mittendrin und völlig überfordert. Wollen zurück in die Berge. Hilfe! Tapfer laufen wir durch die volle, laute Stadt und setzen uns geschwächt in ein Café. An unserem ersten Tag war es hier so hübsch und so wenig Deutsche waren unterwegs. Wir laufen noch ein wenig in der Altstadt herum und entdecken tatsächlich auch sehr schöne Ecken und dann lassen wir uns erschöpft in einer netten Tapasbar nieder und beschließen unseren letzten Abend mit Tomatenbrot, Oliven, Aioli und einem letzten Glas Wein. Bevor wir unseren Bus suchen, kaufen wir noch ein paar Leckereien für unsere Lieben daheim und essen ein Eis (das erste und letzte auf dieser Reise) und dann nichts wie weg. 

S´ Arenal by night

Wir kommen im Dunkeln in S´ ´Arenal an, wieder Hochhäuser, wieder keine schöne Gegend (ein vom Massentourismus geprägter Badeort steht bei Wikipedia), aber wir wollen hier ja nur ein paar Stunden schlafen, um halb vier müssen wir spätestens zum Flughafen und der ist nicht weit. Unser Zimmer ist im 8. Stock, irgendwo hinter den Hochhäusern sehen wir das Meer.

Jetzt nur noch ein Taxi für die Nacht bestellen. Aber das mit dem Taxi ist kompliziert. Wir erreichen niemanden, oder die Taxis fahren nicht in diese Gegend (?) und dann erreichen wir endlich eine Taxiorganisation, aber die kann uns nicht buchen. Das Buchungssystem sei außer Betrieb, heute Nacht ist die Zeitumstellung. Wir sollen einfach morgen anrufen, kurz bevor wir losmüssen. Oha. Aber K. ist optimistisch.

Wir schlafen jetzt einfach und das klappt dann schon. Das tut es auch, allerdings klingelt unser Wecker eine Stunde zu früh (5 Minuten vor der Zeitumstellung) und wir müssen mehrmals telefonieren, bis wir endlich ein Taxiunternehmen finden. So stehen wir mitten in der Nacht vor dem Hochhaus und sind sehr glücklich, als eine freundliche Taxifahrerin uns einsammelt und wir sehr pünktlich am Flughafen ankommen. 

Auf dem Heimweg

Ein Gedanke zu „Mädelswandern in der Serra Tramuntana

  1. Liebe Suse, sehr schön! Ich war schon wieder auf der Wanderung! Und mir wurde ganz warm ( ums Herz). Ich teile das natürlich gerne!

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