Schätze im Keller

Supersuse im Keller

Einmal im Monat gehe ich in den Keller meiner Freundin. Einmal im Monat spielen wir Doppelkopf und dazu gibt es Wein für die Damen. Der Wein lagert im Keller und ich darf ihn aussuchen. „Geh du mal runter, du kennst dich ja aus!“ Mach ich. Und staune jedes Mal: Vor meinen Augen breitet sich ein wohlgeordnetes Lager aus. Zahlreiche Lebensmittel ordentlich in Regalen gestapelt. Thematisch sortiert – also Nudelpaketstapel neben Brotaufstrichen, süß neben salzig, salzig neben Omas Eingekochtem und so weiter. Alles in der richtigen Reihenfolge: Die Lebensmittel mit dem spätesten Ablaufdatum stehen hinten in der Reihe, das, was zuerst verbraucht werden muss, steht vorn. Man muss also nicht lange denken, greift einfach zu. 

Manchmal, wenn ich diesen Weinholauftrag bekomme, studiere ich die Regalinhalte. Und denke: aha, es gibt auch Gewürze. Soso, dort steht also die Marmelade. Ach, diese Sorte Mehl wird hier gelagert. Oder: Wow, gibt es hier viel Schokolade! Getreu nach dem Motto: Kennst du den Keller, weißt du alles. Souterrain, also unter der Erde, lagern die wahren Schätze, ein Paradies für Menschen, denen ständig etwas fehlt. Leuten wie mir. Mist, kein Mehl mehr für den spontanen Kuchen! Warum ist schon wieder der O-Saft alle? Wer hat die ganze Schokolade aufgefuttert. All das kann hier nicht passieren. Hier wurde vorgebeugt, hier gibt es ALLES. Sogar Klopapier. 

Ich bin beeindruckt, das will ich auch.

Ein Wochenende später räume ich ein Kellerregal aus. Ich fange klein an – ein Regal für die Krise muss reichen. Nur: Wohin mit dem ganzen alten Zeugs? Ich finde: Eine Nudelmaschine, gerettet aus dem Fundus unserer Hausvorbesitzer:innen, ein paar Flaschen Likör, die keiner trinkt. Ach, hier sind also die lang gesuchten Schienbeinschützer für die Inliner. Weg damit, hier entsteht ein Vorratskeller! Stück für Stück rüste ich auf, kaufe Nudeln aller Art, greife zu Kokosmilch und Sojasoße. Ach ja, und Mehl muss her. Und Kekse natürlich, die fehlen immer. 

Das mit dem Sortieren klappt noch nicht so gut

Meine Familie bekommt kleine Einkaufsaufträge, nach und nach wächst meine unterirdische Speisekammer. Nur das mit dem Sortieren klappt noch nicht so gut, ich müsste mit Lesebrille ins Souterrain, um die Verfallsdaten abzugleichen, aber das wird schon. Erst mal einfach stapeln.

Stolz verkünde ich am Familientisch: Wir sind jetzt gut versorgt, nichts fehlt mehr und fordere auf: schaut doch mal in den Lagerkeller. Verwunderte Blicke seitens der Teenager, auch der beste Ehemann könnte mehr Begeisterung zeigen. In den Keller will jetzt keiner, der Weg ist zu weit. Wochen später fehlen Nudeln, ich schicke meinen Jüngsten nach unten. Er schaut verwirrt, was soll er jetzt im Keller? Pubertätsdemenz, ich helfe ihm auf die Sprünge. Unwillig macht er sich auf den Weg, suchend. Und entdeckt tatsächlich meine kleine Schatzkammer und sieht: es gibt ein Kekslager. Na ja, zwei Päckchen. Die müssen jetzt sofort gegessen werden. Ich glaube, er hat den Sinn von Vorratslagerung nicht verstanden. 

Nudelpakete überall

Auch ich merke: Da ist noch Verbesserungspotenzial – mir fehlt der Überblick. Stehe ich im Supermarkt, erinnere ich mich nur noch vage an mein Lebensmittellager und kaufe vorsichtshalber Nudeln auf Vorrat. Wieder zuhause sehe ich viele Nudelpakete im Küchenschrank. Noch mehr befinden sich im Keller. Die müssten jetzt mal sortiert werden. Und auch gegessen. Vielleicht brauche ich eine Excelliste, kategorisiert mit Foto und Standortbeschreibung. Und Verfallsdatum. Gibt es eine App? Hmm, ich bin leicht gestresst. Wieso klappt das bei meiner Freundin? Wie machen das die anderen? Merken die sich alles, was da lagert?

Ich bin ratlos. Vielleicht bin ich einfach nicht so der Vorratslagertyp. In meiner Familie lagerten im Keller das eingemachte Gemüse, Gurken, Kürbis und so. Und keimende Kartoffeln und runzlige Äpfel, die keiner essen wollte. So richtig System hatte das auch nicht. Am besten war die Speisekammer meiner Großmutter: direkt in der Küche, alles  immer im Zugriff.

Haben wir auch. Vielleicht sollte ich die mal aufräumen und Platz schaffen für viele Nudeln. Der Lagerkeller könnte ein Weinlager werden für Doppelkopfrunden und andere Events. Wein wird ja immer besser, wenn er lange rumliegt. Glaube ich.

Ein Gedanke zu „Schätze im Keller

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